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N E W S L E T T E R
Autoren: Auflage: 17’000 (elektronisch versendet) |
lic. iur. Bigna Gadola Juristin Zugelassene Revisorin RAB |
Carmen Kuhn Fachfrau Finanz- u. Rechnungswesen mit eidg. FA Zugelassene Revisorin RAB |
Rangrücktritt - eine echte Sanierungsmassnahme?
Sehr geehrte Damen und Herren
Um die Benachrichtigung des Richters im Falle einer Überschuldung gemäss Art. 725 Abs. 2 OR zu vermeiden, ist die Vereinbarung über einen Rangrücktritt ein beliebtes und viel verwendetes Instrument. Mit Unterzeichnung einer Rangrücktrittsvereinbarung verzichtet der Gläubiger im Konkursfalle auf die Befriedigung seiner Forderung, bis der Verwertungserlös die Forderungen der anderen Gläubiger gedeckt hat. Meist handelt es sich beim Gläubiger um einen Gesellschafter des schuldnerischen Unternehmens.
Zu beachten ist jedoch, dass die Rangrücktrittserklärung keine Verbesserung der Liquidität des Unternehmens bewirkt und die Überschuldung wird, entgegen der weit verbreiteten Meinung, durch ihn nicht beseitigt. Somit ist dieses Instrument nur zur Beseitigung einer kurzfristige Überschuldung zu empfehlen und nur dann, wenn eine realistische Aussicht darauf besteht, dass sich die finanziell angespannte Situation des Unternehmens bald erholt. Der Rangrücktritt ist somit ein taugliches Mittel um Zeit für die Umsetzung von entsprechenden Sanierungsmassnahmen zu gewinnen. Ein Rangrücktritt mit dem einzigen Ziel, eine Überschuldungsanzeige zu verzögern und die Gesellschaft künstlich am Leben zu erhalten, ist nicht zulässig.
Mit der Rangrücktrittserklärung stimmt der Gläubiger verbindlich zu, im Konkursfall auf seine Forderung zu verzichten, bis alle anderen Ansprüche von weiteren Gläubigern befriedigt sind. Er stellt sich somit freiwillig an das Ende der Gläubigerkette. Die Höhe des Rangrücktritts sollte dabei nicht zu knapp bemessen sein. Obwohl das Gesetz von einem Minimum im Umfang der Unterdeckung spricht, wird in der Praxis empfohlen, dass neben den bestehenden Verpflichtungen auch diejenigen der nächsten zwölf Monate abgedeckt sind. Für den Bilanzleser sollte die aus dem Rangrücktritt erwachsende Verpflichtung erkennbar sein.
Damit eine solche Rangrücktrittserklärung rechtlich wirksam zustande kommt, müssen strenge Vorschriften beachtet werden: Der Rangrücktritt als sogenanntes zweiseitiges Rechtsgeschäft sollte schriftlich abgefasst sein. Zudem muss er bedingungslos, unwiderruflich sowie zeitlich unbefristet sein. Augrund eines Bundesgerichtsurteils im Jahre 2010 wurden für die Verfassung eines Rangrücktrittes zwei neue Änderungen eingeführt:
1. Im Insolvenzfall kommt die Rangrücktrittsvereinbarung einem rückwirkenden Forderungsverzicht gleich. Wie bereits weiter oben ausgeführt, verzichtet der Gläubiger, welcher eine Rangrücktrittsvereinbarung unterzeichnet hat, im Falle des Konkurses der Gesellschaft auf seine Forderung in dem Umfang, bis die übrigen Gesellschaftsgläubiger vollständig befriedigt sind.
2. Soll die Rangrücktrittsvereinbarung aufgehoben werden, muss die im Sinne der Schweizerischen Prüfungsstandards geprüfte Bilanz ergeben, dass, unter Berücksichtigung aller im Rang zurückgestellten Forderungen, sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft durch Aktiven gedeckt sind.
Wird die Gesellschaft ordentlich geprüft, genügt das Vorliegen eines zusammenfassenden Revisionsberichts ohne Erwähnung von Art. 725 Abs. 2 OR. Ein separater Revisionsbericht ist jedoch für Gesellschaften erforderlich, die nicht der Pflicht zur Durchführung einer ordentlichen Revision unterstehen, also eingeschränkt oder gar nicht geprüft werden. Bei diesem Bericht handelt es sich um eine Spezialprüfung.
Eine Tilgung oder Verrechnung der Forderung ohne vorliegenden entsprechenden Revisionsbericht ist nicht erlaubt und würde einem Gesetzesverstoss gleichkommen.
Alternativ zur Rangrücktrittsvereinbarung wäre eine Vermögenszufuhr mittels Kapitaleinlage denkbar. Diese unterstehen zwar ab einer Höhe von CHF 1 Mio. der Emissionsabgabe (1%), können jedoch steuerfrei wieder zurückbezahlt werden. Der Nachteil ist, dass bei dieser Variante zuerst Geld „in die Hand genommen“ werden muss und nicht einfach auf bestehende Darlehen „verzichtet“ werden kann.
Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.